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Mülleimer ohne Müllbeutel? Warum das extrem unpraktisch und nicht unbedingt nachhaltig ist

Wären wir nicht alle gern plastikfrei und nachhaltig? Komplett plastikfrei ist meist utopisch, aber warum nicht unsere Mülleimer ohne Müllbeutel benutzen? Denn am Ende zählt doch jedes Gramm Plastik, das wir einsparen können, oder?!

Solche Bilder werden sehr gerne verwendet, wenn es um das Thema Plastik und Müll geht. Denn, lieben wir nicht alle die Natur und wollen sie nicht durch unnötigen Müll noch zusätzlich belasten???
Foto von Noah Buscher auf Unsplash

Dass es nicht so einfach ist ein komplett plastikfreies Leben zu führen, habe ich schon in mehreren plastikfreien Selbstversuchen erlebt (eine kleine Auswahl davon, findet ihr in meinem Buch. Glücklich bin ich über die gescheiterten Versuche nicht, denn der Anblick von vollen Mülltonnen ist nicht besonders befriedigend…

Also versuche ich einfach nach wie vor Müll zu vermeiden, wo es relativ einfach zu machen ist. Da lag für mich auf der Hand, dass es doch eigentlich bescheuert ist, extra Geld für Müllbeutel auszugeben um dadurch nur zusätzlichen Müll zu verursachen. Das muss doch auch anders gehen… Warum also nicht den Mülleimer ohne Müllbeutel benutzen? Wäre das nicht viel nachhaltiger?

Gesagt, getan. Und wer mich kennt, weiß, dass wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, ich es auch durchziehe.

Damit ist es jetzt erstmal vorbei. Mal schauen wie lange…
Foto von Markus Spiske auf Unsplash

Mülleimer ohne Müllbeutel, die erste Herausforderung: Katzenfuttertüten

Doch nach ein paar Tagen traten schon die ersten Schwierigkeiten auf. Das meiste Plastik was wir bei uns zuhause wegwerfen sind Lebensmittelverpackungen, demnach sauber und geruchslos. Doch da noch zwei Katzen, Katy und Hakan, bei uns wohnen und sie wirklich überdurchschnittlich viel fressen, landen jeden Tag noch 6 Katzenfuttertüten in unserem Plastikmüll. Und da beginnt unser Problem: diese Tüten kleben, stinken und tropfen.

Dass sie die Seitenwände vom Mülleimer nicht berühren und alles vollschmieren, versuche ich also, sie immer oben auf den Müllberg zu legen. Und ich versuche dran zu denken, dass ich den Müll einfach etwas häufiger rausbringen muss.

Zweite Herausforderung: wie schaffe ich es, dass die leeren Hafermilchtüten nicht auslaufen?

Denn gewissenhaft wie ich bin, schraube ich die Kartons nicht zu. Schließlich kann eine Verpackung besser recycelt werden, wenn sie in ihre Einzelteile zerlegt ist. Dass nichts rausläuft, versuche ich sie hochkant in den Mülleimer zu stellen und werfe den Deckel separat dazu.

Am Ende kommt es wie es kommen muss: Der Kleinste ist mit seinem 1 Jahr aktuell so fordernd und anstrengend, dass man ihn kaum eine Minute alleine lassen kann. Regelmäßig den Müll rauszubringen rutscht also von der Prioritätenliste weit nach unten. Denn lieber ein voller Müll, als ein Kind, das schreit wenn man schnell rausrennt oder ein Kind, dass die Treppe runterstürzt und sich einen Zahn ausschlägt, wenn es versucht uns hinterherzurennen (nein, wir haben keinen Laufstall, aber ja, wir könnten ihn manchmal wirklich gut gebrauchen…).

Das Ergebnis…

Tag 4 abends, alle Kinder schlafen, wir sind beide (!!!) noch wach (!!!). Der Müll kann also endlich raus. Blöd, nur, dass die letzten Tage so viel Zeug reingestopft wurde, dass sich unten im Mülleimer eine unansehnliche Brühe aus Hafermilch, Mandelmilch und Katzenfuttersoße zusammengebraut hat. Es stinkt zum Himmel.

Also schnell den Mülleimer auskippen, aufpassen, dass mir dabei diese Brühe nicht über die Hände läuft, dann schnell wieder reintragen, grob ausspülen und über Nacht in Spüli einweichen. Auf der Küchenanrichte ist kein Platz mehr, also kommt der versiffte Mülleimer zum Einweichen auf den Küchenboden.

[Memo: Der mit Spülibrühe gefüllte Mülleimer steht noch auf dem Boden! Unbedingt ausleeren bevor der Kleinste ihn entdeckt]

Der nächste Morgen

Es kommt wie es kommen muss. Mein Gehirn war wohl zu sehr damit beschäftigt, keine Hirnzellen wegen Übermüdung absterben zu lassen, und hat die Memo vom Vorabend natürlich vergessen… Ich betrete die Küche gerade noch rechtzeitig bevor der Kleinste den Mülleimer ausleeren kann. Den Arm hatte er trotzdem schon drin. Bevor der Tag überhaupt begonnen hat, muss ich ihn also schon das erste Mal umziehen und ihm die Hände waschen (wer kein Kind hat: das macht bei einem 1-jährigen wirklich keinen Spaß! Wer Kinder hat: ihr wisst ja Bescheid).

[Memo: Gartenwasser wieder anstellen, Mülleimer das nächste Mal draußen ausspülen]

Nach dem Frühstück beginne ich mit einer neuen Strategie. Ich drehe die Milchtüten jetzt ein wenig zu, so fest dass nicht alles sofort rausläuft, aber so leicht, dass der Deckel in der Sortieranlage vielleicht (hoffentlich???) doch abfällt.

Auch für die Katzenfuttertüten finde ich eine bessere Lösung, denn schließlich bin ich ja erfinderisch. Ab sofort kommen sie einfach immer in eine leere Nudelverpackung o.ä. Mit der Idee bin ich erstmal sehr zufrieden, sie kommt mir sowohl praktisch als auch nachhaltig vor.

Doch der Praxistest am Abend zeigt: so viele Nudeln können wir gar nicht essen, wie wir Katzenfuttertüten haben. Und auch Toilettenpapierverpackungen oder Windelverpackungen haben wir nicht genug, vor allem sind sie auch nicht groß genug.

Während ich also versuche die leeren Tüten in die bereits ziemlich überfüllte Nudelverpackung zu stecken, schmiere ich mir die Katzenfuttersoße erst an die Hände und dann an den Rand der Nudelverpackung. Ich stelle die Nudelverpackung vorsichtig in den Mülleimer zurück, dass der Mülleimer von innen sauber bleibt. Und wasche mir meine Hände. (Normalerweise schaffe ich es immer ohne Händewaschen, denn durch Händewaschen mit warmem Wasser verbraucht man richtig viel Gas und wenn ich kaltes Wasser benutze friere ich nur noch mehr, als sowieso schon.)

Auch beim Biomüll klappt es nicht so gut wie erhofft. Begonnen hatten wir mit einem super hübschen kleinen Kompost Eimer, den wir auf der Anrichte stehen hatten. Nachdem dieser Eimer nach etwa 3 Wochen in Betrieb schon komplett verschimmelt war und wir ihn gar nicht so oft leeren konnten wie notwendig gewesen wäre, stiegen wir schweren Herzens auf Papiertüten um. Nicht so nachhaltig wie wir eigentlich wollten, aber dieser Eimer war einfach nicht tragbar.

mülleimer_ohne_müllbeutel_nachhaltig_plastikfrei
So hübsch, nachhaltig und plastikfrei dieser pastellgrüne Eimer auch ist, mindestens genauso unpraktisch war er für unsere Bedürfnisse.
Foto von Lenka Dzurendova auf Unsplash

Weil wir bei dm ganz oft die die Vorbestellen und Abholen Funktion wählen (super einfach und stressfrei mit den Kindern), haben wir im Keller gefühlt 1000 Papiertragetaschen von dm. Nun hatten wir also endlich einen sinnvollen Verwendungszweck für diese Tüten.

Als mein Mann jedoch den Biomüll in dieser Tüte das erste Mal rausbrachte, war die Tüte schon so durchgesifft, dass sie einmal unten durchriss und der Inhalt mitten in unserem Flur landete. Ein Foto davon erspare ich Euch. Dass er hochgradig genervt war, brauche ich eigentlich auch nicht zu erwähnen.

Der Fehler sollte uns nicht noch einmal passieren, also nahmen wir von nun an immer den Mülleimer mit raus. Doch die Tüten hielten die Feuchtigkeit kein bisschen zurück und wir hatten jedes Mal nach dem Müll rausbringen einen undefinierbaren See aus Matsch und Schimmel im Mülleimer drin. (Ich weiß, das könnte durch tägliches Müll rausbringen vermieden werden, aber das ist aktuell einfach keine Option für uns…)

Und immer wieder mussten wir die Mülleimer ausspülen, auswischen und trocknen lassen. (Das Ganze Unterfangen war zwar immer noch plastikfrei, aber durch den häufigen Einsatz von heißem Wasser und Spüli nun wirklich nicht mehr nachhaltig.)

Oft führte das dann dazu, dass die Mülleimer draußen in der Sonne trockneten und wir drinnen keinerlei Mülleimer mehr hatten. Und so sammelte sich der Müll dann in diversen Plastiktüten, die ich immer unter der Spüle sammle, die sich aber nur bedingt als Mülltüten eignen z.B. weil sie nicht reißfest genug sind.

Und jetzt?

Ab dem Punkt haben wir wirklich alles mögliche durchprobiert. Eine kleine separate Tüte für die Katzenfuttertüten und den Rest ohne Müllbeutel. Eine Zeitlang stapelte mein Mann auch die leeren Milchkartons im Flur um sie auf dem Weg nach draußen einfach mitzunehmen. Das sah nicht nur nicht schön aus, die Kinder entdeckten die Kartons leider auch als Spielzeug und so landeten immer mal wieder ein paar Tropfen Hafermilch wahlweise auf dem Sofa oder auf dem Teppich.

Außerdem stellte sich das Müll rausbringen gegen Ende des Monats, wenn die Gelbe Tonne schon fast randvoll war als ziemlich schwierig heraus. Wenn wir den losen Müll in die sowieso schon hoffnungslos überfüllte Tonne kippen wollten und beim Versuch, die Hälfte daneben landete…

Spätestens als ich ein kleines Stück Plastik von einer Tampon- und eines von einer Riegelverpackung im Vorgarten entdeckte, beschlossen wir, dass sich dringend etwas ändern müsste.

Vom Winde verweht und in den Vorgarten getrieben. So hatte ich mir das nicht vorgestellt…

Das Ende vom Lied? Business as usual

Plastik im Vorgarten? Versiffte, klebende, stinkige Mülleimer? Probleme beim Müll ausleeren? Auch wenn mir Plastik eigentlich widerstrebt, kann ich in diesem Fall nicht anders, als den unfassbar großen Nutzen von Müllbeuteln aus Plastik feststellen und das Experiment Mülleimer ohne Müllbeutel als beendet zu erklären.

Vielleicht steigen wir irgendwann mal wieder um, wenn wir keine kleinen Kinder mehr haben und mehr Zeit haben, wirklich täglich den Müll rauszubringen. Vielleicht aber auch nicht… Aktuell ist es jedenfalls sinnvoller eine Plastiktüte aus recyceltem Kunststoff (und für den Biomüll eine biologisch abbaubare Biomülltüte) zu nehmen und sie ordentlich zuzuknoten bevor sie in die Tonne wandert. So bleibt der Mülleimer sauber (und die Mülltonne!) und wir sparen uns Wasser und Spüli und vor allem Zeit und Nerven.

Das fühlt sich zwar weiterhin noch nicht nachhaltig an und scheint weit weg vom Optimum zu sein, aber ganz im Ernst: Davon, irgendwann mal das Optimum zu erreichen, habe ich mich mittlerweile schon längst verabschiedet…

Und wenn die Müllbeutel dann noch verhindern, dass beim Mülleimer oder Tonnen ausleeren, keine kleinen Plastikteile daneben gehen und am Ende in der Umwelt landen, dann haben sie sich, wie ich finde, mehr als doppelt gelohnt.

Was hilft?

Wie ihr mal wieder seht, kann man sich wirklich ganz prima mit winzigen Kleinigkeiten beschäftigen und sich davon den Alltag diktieren und teilweise auch wirklich vermiesen lassen.

Kleinvieh macht in der Summe zwar auch Mist bzw. Müll, aber wenn wir den ganzen Tag nur damit beschäftigt sind, uns über kleine Einzelentscheidungen den Kopf zu zerbrechen, beeinträchtigt das unsere Lebensfreude mehr als wir denken und auch unsere allgemeine Fähigkeit kluge Entscheidungen zu treffen.

Jede Entscheidung die wir bewusst treffen müssen, egal wie groß oder klein, sorgt in der Summe dafür, dass die kognitive Ermüdung eintritt und wir in unserer Entscheidungsfindung eingeschränkt sind (Kahneman 2012).

Ein wichtiges Instrument diese kognitive Ermüdung zu verhindern sind Routinen, die dafür sorgen, dass gewisse Dinge immer gleich ablaufen. So wie nun bei unseren Mülltüten. Ja wir sorgen jeden zweiten oder dritten Tag für ein kleines bisschen mehr Plastikmüll, doch die Tatsache, dass wir nicht mehr zuerst eine leere Nudelverpackung (die eh viel zu klein ist) oder eine leere Toilettenpapierverpackung suchen zu müssen, sorgt für wesentlich mehr Zeit und mehr Energie wichtigere Entscheidungen zu treffen. (In meinem Buch, welches Du hier kaufen kannst, schreibe ich ganz ausführlich über Routinen und die kognitive Ermüdung.)

Wenn ihr also bei ähnlichen Themen das Gefühl bekommt, dass der Verzicht auf etwas irgendwie nur noch mehr Arbeit macht und am Ende einfach auch keinen Sinn mehr macht, geht lieber wieder dazu über es so zu machen wie vorher. Es gibt bestimmt noch andere Stellen wo ihr plastikfrei(er) oder nachhaltig(er) leben könnt.

Habt ihr auch schonmal versucht plastikfrei(er) zu leben und Mülleimer ohne Müllbeutel benutzt? Oder würdet ihr gar nicht auf eine so blödsinnige Idee kommen? Es wäre ja schön zu wissen, dass wir nicht die einzigen mit so doofen Ideen sind 🙂

Das einzig wirklich positive, was ich aus diesem Versuch ziehen kann ist dies: wer hätte gedacht, dass Müll in einem zugeknoteten Müllbeutel rausbringen, so viel Spaß machen kann 🙂 Anscheinend hilft es, sich ab und zu mit irgendwelchen Challenges zu bestrafen, dann hat man am Ende einfach mehr von den kleinen Freuden des Alltags!

Quellen

Kahneman, Daniel. Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler Verlag, 2012.

This Post Has 2 Comments

  1. David

    Wir haben unsere Mülleimer Plastikfrei seit ca. 1 Jahr. Wir haben zwei Kinder (3 und 5) und auch wir haben keine Zeit den Müll täglich rauszubringen (2. Stock). Da wir auch einen Hund haben kennen wir das Problem mit dem Gestank der Futterdosen usw.
    Wir haben nicht ständig die Müllbehälter sauber gemacht sondern vorallem beim Biomüll etwas Tonerde dazu gemacht und vorher mit einem Stock die Reste rausgekratzt. Inzwischen ist der Gestank aber einfach zu Groß und die Mülleimer werden nichtmehr richtig sauber. Ich werde nun also neue Mülleimer kaufen. Ich weiß noch nicht wohin die Reise nun geht.. vielleicht einen kleinen Biomülleimer den K1 morgens runter bringen darf als seine erste wichtige Aufgabe. Liebe Grüße und viel Erfolg

    1. Nini

      Danke Dir für Deinen Kommentar! Unsere Mülleimer werden auch nicht mehr richtig sauber.. es ist echt so ärgerlich. Ich drücke die Daumen, dass das Müll runter bringen als erste Aufgabe klappt. Finde ich eine gute Idee 🙂 ich hoffe mittlerweile einfach, dass alles etwas einfacher wird, wenn alle Kinder über 4 sind und ich einfach die Haustür offen stehen lassen kann, ohne zu riskieren, dass jemand die Treppen runterfliegt.
      Liebe Grüße 🙂

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